SCHNEEBLUMEN GEDENKWEG

Erinnerung an 1500 ungarische und französischen Frauen, die am 13. April 1945 vom KZ-Außenlager Markkleeberg durch Leipzig auf einen Marsch Richtung Tschechien getrieben wurden

Im eisigen Aprilregen wurden sie in der Nacht des 13. April 1945 vom KZ-Außenlager Wolfswinkel/ Markkleeberg aus durch die verdunkelten Straßen Leipzigs getrieben: 1500 Zwangsarbeiterinnen - jüdische Ungarinnen und französische politische Gefangene. Viele von ihnen überlebten den Marsch, der sie nach Theresienstadt bringen sollte, nicht. Für andere war es ein entbehrungsreicher Weg in ein neues Leben.
70 Jahre danach wollen wir einladen, den ersten Teil des Weges gemeinsam zu gehen, den sie in Holzschuhen ohne ausreichende Kleidung und Nahrung laufen mussten. Keine von ihnen soll unter uns vergessen sein. Wir tragen sie in dieser Nacht bei uns, ihre Namen und ihre Worte, ihre Musik und ihre Gebete, ihre Klage und ihre Hoffnung. Wir leihen ihnen unsere Füße, Gedanken und Herzen. Wir gehen den Weg mit Zeichen und Gesten der Anteilnahme und Erinnerung. Ihr Vermächtnis tragen wir weiter: allen Menschen mit offenen Herzen zu begegnen und der Feindseligkeit keinen Raum in uns zu geben. (Dauer ca. 3,5 Stunden)

Zahava Szász Stessel,  Überlebende des Frauenaußenlagers des KZ-Buchenwald/ Wolfswinkel, Markkleeberg, Verfasserin des Buches „Snow Flowers“ über das Leben im Lager und den Räumungsmarsch am 13. April 1945 Richtung Theresienstadt, schreibt 2015 aus New York:

Ich habe die herzerwärmende, wichtige Mail gerade zum dritten Mal gelesen.
Den 70. Jahrestag mit einem Gedenkweg zu begehen, ist eine großartige Idee. Der Gedenkweg bringt die künstlerischen und spirituellen Empfindungen auf wunderbare Weise zum Ausdruck. Die Namen der früheren Inhaftierten zu lesen, ist besonders bewegend, wenn man bedenkt, dass wir nur als Nummern genannt wurden. Ich werde meiner Schwester und meinen früheren Lagerschwestern – den wenigen, die noch am Leben sind – davon erzählen. Sie werden dankbar sein wie ich.
Ich nannte mein Buch ‚Snow Flowers‘ – ‚Schneeblumen‘ – nach einem ungarischen Lied, in dem es darum geht, dass selbst im härtesten Winter die Schneeglöckchen blühen.
Für mich sind Schneeblumen Güte und Taten der Menschlichkeit, die es in dem Lager sogar unter den rauesten Bedingungen gab. Das Marmeladenbrot, das ein deutscher Ingenieur heimlich an die Maschine meiner Schwester legte, der kostbare Apfel, den unsere Lagerschwester Elza Reich mit uns teilte, der singende Vorarbeiter, der allen Hoffnung gab , die mit ihm arbeiteten, die Frauen, die Lieder komponierten und damit unsere seelische Widerstandskraft stärkten und vor allem die geschwisterliche Liebe zwischen mir und meiner Schwester Erszike – das waren meine wertvollsten Schneeblumen.
Bitte lasst es mich wissen, wenn ich den Gedenkweg irgendwie unterstützen kann. Ich sehe dem 13. April mit großer Erwartung entgegen.
Mit herzlichen Grüßen, Zahava


l41093045_gjpg
    Elza Reich, ungarisch-jüdische Überlebende des KZ-Außenlagers Markkleeberg / Wolfswinkel


Treffpunkt: ehem. KZ-Außenlager Wolfswinkel, Equipagenweg 21-23, 04416 Markkleeberg

Wegstrecke: ca. 8,4 km über Dölitz und Probstheida nach Stötteritz, Teilstrecken möglich;
Ende: gegen 22.30 Uhr, „Scheune“ Stötteritz, Oberdorfstraße 15, 04299 Leipzig

Teilnahme auf eigene Gefahr; Weg führt auf befestigten Wegen teilweise durch unbeleuchtetes Gelände, Kerzen mit Windschutz oder Taschenlampen empfohlen.


Organisation: Flügelschlag Werkbühne e.V. und Notenspur-Förderverein e.V.
Partner: Ariowitsch-Haus e.V., Institut français, Kulturbahnhof e.V.
Unterstützer: Stadt Markkleeberg, Stadt Leipzig

Während der Zug vorüberzieht, werden an der Strecke abschnittsweise die Namen aller 1500 Gefangenen verlesen und Melodien der Lieder gespielt, die ihnen im Lager Kraft und Halt gegeben haben.